Der Tag an dem Fin 12 wurde, begann für
sie wunderschön, sie stand auf, voller Erregung und Vorfreude auf die
Geschenke. Langsam ging sie zum Fenster und sah hinaus, was sie sah war
wunderschön. Der Nebel hing tief über den Feldern und die dünne Wolkenschicht
wurde an mehreren Stellen von einem Licht durchbrochen, welches sie noch nie
zuvor gesehen hatte, es war atemberaubend. Alle Farben waren vorhanden, über
blau und türkis bis leuchtend orange und pink. Sie stand lange dort und
betrachtete verträumt den Sonnenaufgang, als ihre Mutter herein kam. Diese
dachte, wie schön Fin aussah in ihrem langen weißen Nachthemd, fast wie ein
Engel. Fin sah gut aus mir ihren langen goldblonden Haaren, die in leichten
Wellen über ihren Rücken fielen. In diesem Moment sah sie sehr glücklich aus.
So glücklich, dass ihre Mutter nich wagte ihr die traurige Nachricht, die sie
für sie hatte, zu sagen. Fin drehte sich um, als sie ihre Mutter bemerkte und
sah sie lange an. Sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung war, wusste aber
nicht, was das sein könnte. Ihre Mutter lächelte sie an, doch ihre Augen sahen
sie traurig an. Herzlichen Glückwunsch, meine Große, sagte die Mutter und zog
Fin an sich. Fin genoss den Augenblick und verdrängte den traurigen Blick in
den Augen ihrer Mutter. In diesem Moment kam auch ihr Vater ins Zimmer, um ihr
zu gratulieren. Er umarmte sie schnell und Fin ging zwischen ihren Eltern ins
Wohnzimmer, wo sie immer ihre Geschenke bekam . Als sie den Geschenketisch
erblickte schaute sie erstaunt auf, so viele Geschenke hatte sie selten
bekommen. Sie trat an den Tisch heran, nahm das erste Geschenk vorsichtig in
die Hände und wickelte es aus. Es war eine Puppe, die Puppe, die sie schon so
oft gesehen hatte, sie hatte bei ihren Großeltern im Flur gestanden und sie
war immer bewundernd davor stehen geblieben. Vorsichtig strich sie der Puppe
über die Haare und wusste in diesem Augenblick, dass etwas passiert war, dass
sie ihren Großvater nicht sehen würde, nicht heute und nie wieder. Fin blickte
ihrer Mutter in die Augen und wusste, dass die Recht hatte, denn die Mutter
hatte sie verstanden und langsam genickt. Langsam und behutsam stellte Fin die
Puppe wieder auf den Tisch und dachte lange nach. Sie wusste, das es
irgendwann passieren musste, aber warum an ihrem Geburtstag? Warum hatte er
sie einfach so verlassen? das wollte nicht in ihren Kopf. Doch sie hatte
verstanden, dass der Tod ihr zwar ihren Großvater genommen hatte, aber er in
Gedanken immernoch bei ihr war für jetzt und für immer. Als sie fertig
nachgedacht hatte, sagte sie zu ihren Eltern, die sie verwirrt musterten, dass
sie die Geschenke später ansehen wolle und jetzt erst einmal in ihr Zimmer
gehen wolle, um alles zu verarbeiten. So ging Fin in ihr Zimmer, als sie die
Tür hinter sich zugezogen hatte, fingen die Tränen an ihre Wangen herunter zu
laufen. Sie stellte sich erneut an das Fenster und weinte, weinte um
vergangene Zeiten und auch um ihren Großvater. Nach einigen Stunden hatte sie
sich wieder gefasst, aber sie war immernoch traurig, deshalb zog sie ihr
weißes Nachthemd aus und ein bodenlanges, schwarzes Kleid an, sie schminkte
sich ,zum ersten Mal in ihrem Leben, in dezenten Farben, so wie sie es bei
ihre Mutter gesehen hatte, kämmte ihre Haare und ging erhobenen Hauptes wieder
zu ihren Eltern, die, als sie Fin sahen, wieder an einen Engel erinnert
wurden. Sie strahlte etwas aus, etwas, was die Eltern noch nie zuvor bemerkt
hatten. Ihre Mutter wusste nach einer gewissen Zeit, was es war. Es waren
Selbstbewusstsein und Selbstdisziplin. Man sah ihr zwar an, dass sie trauerte,
aber sie war geistig stark genug, um es würdevoll zu tragen. An diesem Tag ist
Fin erwachsen geworden und sie wusste, dass sie das ihrem Großvater zu
verdanken hatte. Als einige Tage später die Beerdigung stattfand erschien sie
in weiß, mit einer weißen Lilie im Haar. Sie sah aus, wie ein gerade aus dem
Himmel herabgestiegener Engel. Sie stand lange am Grab ihres geliebten
Großvaters und nahm in aller Ruhe Abschied. Sie würde ihn in ihrem Herzen
immer bei sich tragen.
Copyright Sophie-Luise Lang 8.11.2005